blank

TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS: In frostigen Tälern

"In frostigen Tälern" – ein ganz besonderes Album. Eine finnische Band macht doomig groovigen Metal, der größtenteils recht simpel gehalten ist aber eine unglaublich süchtigmachende Wirkung erzielt. Hinzu kommt, dass das komplette Album mit deutschen Lyrics versehen ist, die eine ganz eigene Ausstrahlung besitzen…

Mit “In frostigen Tälern” der Band TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS können wir euch mal wieder eine ganz besondere CD vorstellen, die sicherlich sehr gegensätzliche Meinungen hervorrufen wird. Denn die Musik auf dieser CD wird vermutlich nur ein sehr kleines Publikum ansprechen und bei vielen Leuten nur auf Unverständnis stoßen.

Und objektiv betrachtet ist es tatsächlich auch so, dass “In frostigen Tälern” nicht gerade die neue Offenbarung im Metalgenre darstellt. Recht einfach gehaltene Songs, die sehr riffbetont sind und leicht angedoomt groovig daherkommen. Musikalische Extravaganzen sucht man vergeblich und die Band versucht auch erst gar nicht, gehobenen Musikeransprüchen gerecht zu werden. Vielmehr bieten TIMO RAUTIAINEN und seine Band Songs. Songs, die in ihrer Einfachheit eben schlicht den Punkt treffen und mit schönen Melodien verzaubern, ohne gleich im Meer des Gothic Metals unterzugehen. Denn auch wenn gewisse Tendenzen erkennbar sind, Gothic Metal ist das nicht! Und auch in andere Schubladen lässt sich das Gebotene einfach nicht so richtig stecken. Ich würde einfach mal von doomig groovigem Metal reden, der nicht zuletzt durch die drei verwendeten Gitarren recht mächtig und riffbetont rüberkommt und durch ein paar majestätische Gitarrenleads verfeinert wird.

“In frostigen Tälern” erzählt von menschlichen Schicksalen und Tragödien

Genauso schwer wie die Musik an sich sind aber auch die Texte und das Konzept der Band zu beschreiben. Denn wenn sich eine finnische Band den Namen TIMO RAUTIAINEN & TRIO GENICKSCHUSS gibt, und diese Band dann ein komplettes Album mit deutschen Lyrics veröffentlicht, dann glaubt man es zunächst einmal wieder mit einer dieser durchgeknallten Finnencombos zu tun zu haben. Und wenn diese Band dann den ersten Song des Albums mit “Fernfahrer” betitelt und zusätzlich auch noch Lyrics der Marke “letzten Donnerstag / da nahm man mir das Schild weg / auf der Autobahn / da dürfte ich gar nicht mehr fahr’n” zum Besten gibt, fühlt man sich in seinem ersten Eindruck auch vollkommen bestätigt.

Doch TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS wären nicht TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS, wenn sie es dem Hörer nicht doch etwas schwerer machen würden. Denn schon nach Kürze merkt man, dass die Texte auf diesem Album alles andere als nur ein paar durchgeknallte Verrücktheiten sind. Da steckt mehr Tiefe drin, als man es zunächst glauben möchte. Denn auf dieser CD geht es tatsächlich um menschliche Schicksale und Tragödien, die aber mit dieser sehr eigenen Prise von Humor gewürzt sind. Das Labelinfo bringt die Sache recht gut auf den Punkt, in dem zu lesen ist (und ehrlich, ich hätte beim ersten Lesen wirklich nicht gedacht, dass da was dran ist, aber es ist…): “Thematisiert werden beispielsweise die Nuklearabfallendlagerung, der Treibhauseffekt, der Tod eines Freundes sowie die gescheiterte Liebe zwischen einem Junggesellen aus einem urfinnischen Dorf und einer Frau aus Estland. Letztgenannte Geschichte nimmt ein trauriges Ende: Die Frau kehrt in ihr Land zurück, während der Mann einsam in seinem Dorf zurückbleibt. Am Ende zeigt sich, dass es auch dann Mut erfordert, sich zu erhängen, wenn das Zimmer zu niedrig und der Strang zu dick ist…”

Ein ungewöhnliches Album, das aber süchtig macht

Und tatsächlich, auf diesem Album gibt es Songs, die wirklich unter die Haut gehen, melancholisieren und dennoch aufbauen. Und das manchmal etwas holprig wirkende, sehr ursprüngliche Deutsch der Finnen wirkt auf mich derart sympathisch und stellt einen sehr schönen Kontrast dar zu den vielen deutschen Bands, die in ihrem Anliegen, die deutsche Sprache wieder zu einem Kulturgut – insbesondere im Metalgenre – zu erheben, vielleicht manchmal etwas über ihr Ziel hinausschießen und sich zu ernst nehmen. Lediglich wenn ein Zeile wie “wegen irgend einer Ursache / ist mir heute übler als gestern / und gestern war mir übler / als vorgestern” im Ohr hängen bleibt, kann das auf Dauer doch etwas unangenehm sein.

“In frostigen Tälern” stellt für mich tatsächlich eine ganz besondere CD dar, die bei mir total eingeschlagen hat, ohne dass ich erklären könnte, warum eigentlich. Und noch mehr: Sie hat mich süchtig gemacht und es vergeht kein Tag, an dem ich die CD nicht mindestens zweimal im CD-Player laufen habe. Und ich bin beruhigt, dass nicht nur ich diesem Album zum Opfer gefallen bin, denn wie ich nun bemerken musste, scheint sich auch unsere Vampi nicht mehr von dieser CD trennen zu können. Bestimmt wird nicht jeder von euch etwas mit “In frostigen Tälern” anfangen können, dennoch rate ich: Gebt dieser CD eine Chance, denn wenn sie wirkt, dann richtig!

Veröffentlichungstermin: 23. April 2001

Spielzeit: 34:31 Min.

Line-Up:

Timo Rautiainen – Gesang & Gitarre
Jarkko Petosalmi – Gitarre
Karri Rämö – Gitarre
Seppo Pohjolainen – Schlagzeug, Hintergrundgesang
Nils Ursin – Bass, Keyboards

Produziert von Tuomo Valtonen
Label: Spinefarm

TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKAUS “In frostigen Tälern” Tracklist

1. Fernfahrer
2. Ein guter Tag
3. Russlands Waisen
4. An der Grenze
5. Alles hat seine Zeit
6. Liebe ohne Grenzen
7. Stille
8. In frostigen Tälern

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner